Inter­view mit Dr. Lege im Geis­lin­ger Stadt­ma­ga­zin koi


In der August-Aus­ga­be des neu­en Geis­lin­ger Stadt­ma­ga­zins koi (Aus­ga­be 159) kön­nen Sie ein Inter­view mit unse­rem Geschäfts­füh­rer Dr. Micha Alex­an­der Lege zu vie­len inter­es­san­ten The­men aus unse­rem täg­li­chen Umfeld im Bereich Trans­port und Logis­tik lesen.

Neben Fra­gen zu den Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Zeit und dem Fach­kräf­te-Man­gel, wer­den dabei auch Inhal­te zu den Zukunfts­the­men Digi­ta­li­sie­rung und Kli­ma­schutz bespro­chen. Vie­le neue Tech­no­lo­gien wer­ten die Beru­fe und Tätig­kei­ten in der Logis­tik ste­tig wei­ter auf und und bie­ten so inter­es­san­te, viel­sei­ti­ge und span­nen­de Per­spek­ti­ven für das Berufsleben.

Lesen Sie das Inter­view in der Aus­ga­be des Stadt­ma­ga­zins oder nach­fol­gend hier bei uns in die­sem Beitrag.

Cover - koi - Das neue Geislinger Stadtmagazin (Ausgabe 159 - August 2023)

» Lie­ber Herr Dr. Lege,
vie­len Dank für Ihre Zeit. Sie lei­ten das Unter­neh­men gemein­sam mit Dr. Andre­as Büh­ler. Ich per­sön­lich bin immer sehr stolz, wenn ich irgend­wo in Euro­pa einen LKW der Fir­ma Wiedmann & Winz auf den Stra­ßen sehe.
Über wie vie­le LKW und Mit­ar­bei­ter ver­fü­gen Sie?

Ich freue mich auch immer, wenn ich einen unse­rer blau­en LKW sehe. Wir brin­gen täg­lich bis zu 200 LKW auf Euro­pas Stra­ßen zum Ein­satz, davon 100 eige­ne. Aktu­ell haben wir 400 Mit­ar­bei­ter, davon 20 Auszubildende.

» Wel­ches ist die wei­tes­te Stre­cke, die Ihre Fah­rer zurücklegen?

Wir sind in ganz Euro­pa unter­wegs. Die aktu­ell wei­tes­te Stre­cke führt in die Nähe von Bil­bao. Dort ver­sor­gen wir täg­lich von unse­rem Stand­ort Hocken­heim aus einen gro­ßen Fahr­zeug­bau­er mit Tei­len (1.438 Kilometer).

» Wie vie­le Kilo­me­ter fah­ren Ihre Fah­rer im Jahr kumuliert?

Ca. 25.000.000 Mio.

» Vie­le Spe­di­tio­nen arbei­ten nach wie vor sehr ana­log. Die Vor­tei­le der Digi­ta­li­sie­rung sind eigent­lich allen bekannt, aber vie­le wis­sen nicht, wie man das The­ma umsetzt. Wie macht man also den ers­ten Schritt in Rich­tung Digitalisierung?

Wiedmann & Winz hat bereits im Jahr 2000 in Zusam­men­ar­beit mit Daim­ler als ers­tes Unter­neh­men in Euro­pa das digi­ta­le Tele­ma­tik-Sys­tem Fleet­Board getes­tet und zum Ein­satz gebracht. Die­ses Sys­tem über­trägt stän­dig rele­van­te Infor­ma­tio­nen wie die Fahr­zeug­po­si­ti­on, Feh­ler­mel­dun­gen aus dem Motor oder Ankunfts­zei­ten (ETA) an unse­re Zen­tral­dis­po­si­ti­on in Geislingen. Mit unse­ren Tele­ma­tik­sys­te­men schi­cken wir aber auch Auf­trä­ge ins Fah­rer­haus und der Fah­rer mel­det sei­nen aktu­el­len Bela­dungs­sta­tus zurück. Wir erhal­ten zudem vie­le Daten zur Fahr­wei­se des Fah­rers, die wir nut­zen, um das Ver­brauchs­ver­hal­ten zu opti­mie­ren. Mitt­ler­wei­le inves­tie­ren wir nahe­zu genau­so viel in unse­re IT-Land­schaft wie in neue LKW.

Wich­tig ist, dass man sich dem The­ma Digi­ta­li­sie­rung von der Chan­cen­sei­te her nähert. Angst ist ein schlech­ter Rat­ge­ber. Unter­neh­men müs­sen prü­fen, mit wel­chen digi­ta­len Lösun­gen sie ihre eige­nen Abläu­fe und Pro­zes­se ihrer Kun­den effi­zi­en­ter gestal­ten können.

» Haben Sie sel­ber den LKW-Führerschein?

Ja, den konn­te ich noch bei der Bun­des­wehr machen.

» Die teil­wei­se schon jahr­zehn­te­lan­ge Treue und Loya­li­tät vie­ler Kun­den zu Wiedmann & Winz ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Wie hal­ten Sie Ihre Kunden?

Unse­re Kun­den schät­zen die abso­lu­te Kun­den­ori­en­tie­rung unse­res mit­tel­stän­di­schen Fami­li­en­un­ter­neh­mens. Hin­zu kommt: Mit stän­di­gen Inno­va­tio­nen und einem hohen Maß an Qua­li­tät wol­len wir immer „einen Tick bes­ser“ sein als der Wettbewerb.

» Eine Her­aus­for­de­rung für Spe­di­tio­nen sind die Kli­ma­zie­le. Vie­le Unter­neh­men zwei­feln dar­an, ob die­se zu errei­chen sind. Wie ist Ihre Mei­nung dazu?

Wiedmann & Winz bringt im Herbst sei­nen ers­ten bat­te­rie­elek­tri­schen LKW zum Ein­satz. Wir ste­hen ganz klar zu unse­rer Ver­ant­wor­tung für das Kli­ma. Die E‑Mobilität bleibt die zen­tra­le Tech­no­lo­gie, um die Kli­ma­zie­le im Ver­kehr zu errei­chen. E‑Trucks mit Brenn­stoff­zel­le oder Bat­te­rie und auch Was­ser­stoff-Ver­bren­nungs­mo­to­ren wer­den sich aber lang­sa­mer durch­set­zen, als ange­nom­men. Ohne auf die Bran­che, Her­stel­ler, Netz­be­trei­ber usw. zu hören, wur­de in wei­ten Tei­len de fac­to ein Die­sel-Ver­bren­ner-Ver­bot erlas­sen. Das ist wie schon bei der Heiz­wen­de Poli­tik auf dem Reiß­brett. Der­zeit feh­len wich­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen für die Antriebs­wen­de. Etwa bei der Lade­infra­struk­tur, der Tank­in­fra­struk­tur, den Roh­stof­fen für die Bat­te­rie­pro­duk­ti­on bei der Strom­ver­sor­gung und den Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren. Für unse­re Ein­satz­zwe­cke geeig­ne­te Fahr­zeu­ge kom­men erst lang­sam auf den Markt. Aktu­ell haben wir kei­ne Mög­lich­keit, eine auf Bat­te­rie­fahr­zeu­ge umge­stell­te Flot­te an unse­rem Stand­ort in den Neu­wie­sen zu laden. Es fehlt ein­fach das ent­spre­chen­de Netz. Den­noch kön­nen wir in der Über­gangs­zeit viel fürs Kli­ma errei­chen. Zumin­dest für die­se Zeit for­dern wir den Ein­satz von CO2-neu­tra­len Kraft­stof­fen wie HVO100, Bio-LNG und CNG sowie E‑Fuels. Nur mit ihnen wer­den wir – und zwar mit heu­ti­ger Moto­ren­tech­nik und aktu­el­ler Tank­in­fra­struk­tur – die Kli­ma­zie­le im Stra­ßen­gü­ter­ver­kehr kurz- und mit­tel­fris­tig erreichen.

» Wie bringt man Spe­di­tio­nen dazu, in neue Tech­nik und Fahr­zeu­ge mit alter­na­ti­ven Antrie­ben zu investieren?

Die Flot­ten­be­trei­ber wer­den erst dann umstel­len, wenn sie dar­auf ver­trau­en kön­nen, dass die Antriebs­wen­de in der Pra­xis auch funk­tio­niert. Es geht schließ­lich um nicht weni­ger als die Exis­tenz der Unter­neh­men. Sie und sonst nie­mand müs­sen die Zeche bezah­len, wenn es schief­geht. Ent­schei­dend ist aber auch, dass die­se Fahr­zeu­ge im Ver­gleich zu den Die­sel-LKW wett­be­werbs­fä­hig sind.

» Vor zwei Jah­ren hat Coro­na die Welt ver­än­dert. Inwie­fern hat die Pan­de­mie auch Ihr Unter­neh­men beein­flusst. Sind Sie ein Gewin­ner oder Ver­lie­rer der Krise?

Die Pan­de­mie war ins­be­son­de­re für unse­re Fah­rer eine schwe­re Belas­tung. Einer­seits haben sie die Wirt­schaft am Lau­fen gehal­ten. Ande­rer­seits waren sie viel­fäl­ti­gen Belas­tun­gen aus­ge­setzt. Auf den Rast­plät­zen, aber auch direkt an den Abla­de­stel­len. Zum Glück haben wir durch Coro­na kei­ne Mit­ar­bei­ter ver­lo­ren. Trotz aller Schwie­rig­kei­ten sind wir wäh­rend der Pan­de­mie weitergewachsen.

» Der Fach­kräf­te­man­gel ist auch in der Logis­tik-Bran­che längst ange­kom­men. In Deutsch­land feh­len 60.000 bis 80.000 Berufs­kraft­fah­rer. Wozu das füh­ren kann, hat man kürz­lich in Eng­land gese­hen. Nach dem Brexit gab es dort einen enor­men Fah­rer­man­gel. Wie ist hier­zu bei uns der Stand?

Der Fach­kräf­te­man­gel ist kein spe­zi­fisch bri­ti­sches Pro­blem, son­dern ein euro­päi­sches – und damit auch unse­res. Seit Jah­ren sagen immer mehr Fah­rer der Kabi­ne Lebe­wohl als neue ein­stei­gen. Über ein Drit­tel der Berufs­kraft­fah­rer in Deutsch­land ist älter als 55 Jahre.

» Könn­te hier das Glei­che pas­sie­ren wie in Eng­land, dass plötz­lich nichts mehr geht, weil die Fah­rer fehlen?

Wenn es so wei­ter­geht, sind auch bei uns Lie­fer­ket­ten und Ver­sor­gung von Indus­trie und Bevöl­ke­rung bedroht.

» Wo genau liegt das Pro­blem, dass immer weni­ger die­sen Beruf aus­üben wol­len? Liegt es an der Bezah­lung? Die­se ist, so wur­de mir von einem Fah­rer gesagt, viel bes­ser als man­che annehmen.

Um wie­der mehr Män­ner und Frau­en für die Arbeit am LKW zu begeis­tern, sind zunächst alle am Trans­port Betei­lig­ten gefor­dert. Den­ken Sie nur an die Situa­ti­on an den Rast­plät­zen (40.000 feh­len­de LKW-Park­plät­ze, alte Infra­struk­tur) oder an den Ram­pen (War­te­zei­ten, Umgangs­ton). Natür­lich muss auch die Bezah­lung stim­men, nie­mand kann es sich heu­te eigent­lich mehr leis­ten, Fah­rer schlecht zu bezah­len. Die Lohn­ent­wick­lung kennt auch seit Jah­ren nur eine Rich­tung. Letzt­end­lich setzt der Fracht­markt aber lei­der Grenzen.

» Wie fin­den Sie neue Fahrer?

Durch unse­re Aus­bil­dung, Per­so­nal­mar­ke­ting und den Aus­bau unse­rer Per­so­nal­ab­tei­lung schaf­fen wir es in den meis­ten Fäl­len, offe­ne Stel­len zu beset­zen. Neben einer guten Bezah­lung set­zen wir auf attrak­ti­ve Rah­men­be­din­gun­gen. Dazu gehö­ren moder­ne und bes­tens aus­ge­stat­te­te Mer­ce­des-Benz-LKW mit gro­ßem Füh­rer­haus, Mas­sa­ge­sit­zen, Stand­kli­ma­an­la­ge, Kühl­schrank und einer Rela­x­zo­ne auf der Bei­fah­rer­sei­te. Wir kau­fen immer Fahr­zeu­ge mit dem aktu­ell höchs­ten Sicher­heits­stan­dard (Acti­ve Break Assis­tent, Spur­as­sis­tent, Abbie­ge­as­sis­tent). Zur Sicher­heit gehört aber auch ein opti­mal gewar­te­tes Fahr­zeug in unse­rem Tech­nik-Cen­ter. Unse­re Dis­po­si­ti­on ver­sucht per­sön­li­chen Belan­ge der Fah­rer wie die Über­nach­tung zuhau­se oder den Zahn­arzt­ter­min zu berück­sich­ti­gen. Wir stel­len für unse­re Fah­rer auch Woh­nun­gen zur Ver­fü­gung. Noch in die­sem Jahr wol­len wir mit dem Bau eines Boar­ding­hou­ses begin­nen, in dem die Fah­rer ihre Ruhe­zei­ten ver­brin­gen können.

» Wiedmann & Winz ist ja weit mehr als ein Trans­port­un­ter­neh­men. Wel­che Berei­che bie­ten Sie sonst noch an?

Neben euro­pa­wei­ten Trans­por­ten bie­ten wir im Rah­men unse­rer Kon­trakt­lo­gis­tik an ver­schie­de­nen Stand­or­ten auf ins­ge­samt 70.000 m² Logis­tik­flä­che umfang­rei­che Dienst­leis­tun­gen an. Wir lagern, kom­mis­sio­nie­ren, ver­pa­cken, mon­tie­ren, machen umfang­rei­che Qua­li­täts­prü­fun­gen und küm­mern uns um Zoll­ab­wick­lun­gen. Zum Bei­spiel wer­den von unse­rem Logis­tik-Cen­ter Eislingen aus für die WMF Hotels und die Kabi­nen gan­zer Kreuz­fahrt­schif­fe bestückt. Wenn Bus­se von Daim­ler Buses vom Band rol­len, dann haben wir zuvor vie­le gro­ße und klei­ne Tei­le dazu bei­getra­gen. Wir über­neh­men aber auch logis­ti­sche Auf­ga­ben bei unse­ren Kun­den vor Ort. Dazu gehört neben dem inner­be­trieb­li­chen Trans­port die Ver- und Ent­sor­gung von Maschi­nen sowie die Über­nah­me des Ver­sands. Ein ande­res Bei­spiel ist die Tei­le­ver­sor­gung für die Fließ­bän­der der Auto­mo­bil­in­dus­trie aus unse­ren Logis­tik­zen­tren her­aus. Ein inter­es­san­tes neu­es Geschäfts­feld ist die Lage­rung von Gefahrstoffen.